„kurzer scheiss“ und „rentnerknipse“

„kurzer scheiss“ und „rentnerknipse“

per definition sind glaubenssätze die „wahrheiten“, von denen man fest überzeugt ist. So war ich als naturfotograf fest davon überzeugt, das „zum richtigen knipsen“  drei vorraussetzungen erfüllt sein müssen:

1. „mindestens“ eine nikon D5 (mein kumpel sagte immer: „ej alter, mit den 1,5 kilo der D5 hast du wenigstens was in der hand, damit kannste nägel in die wand kloppen…“)

2. miiiiindestens eine brennweite von 300 millimetern aufwärts. alles „kürzere“ gehörte für mich in den bereich der landschafts- und autobahnbrücken-fotografie….

3. auf dem buckel midestens 18 kilo fotokrams

also: „was in der hand haben“, „länge“ und „schwer“…das war wichtig!

ich wollte (und ehrlich gesagt: ich will das auch immer noch), das weisse im auge des tieres sehen. ganz gross, nah, formatfüllend.

und da ich fast ausschliesslich mit den langen brennweiten gearbeitet habe, lernte ich, „wie ein 400ter, 600ter oder 800ter…zu sehen“. ich hatte beim anblick eines tieres eine genaue vorstellung, wie das bild später durch das  entsprechende objektiv aussehen würde.

hatte ich mal „was kurzes“ drauf (14-24mm,28mm o.ä.), war ich völlig überfordert. es entwickelte sich kein gefühl, keine vorstellungskraft und „kein auge“ für diese linsen. „es baute sich einfach kein bild auf“. deswegen war schnell klar: dieser „kurze scheiß“ kommt mir nicht vor die kamera. so ging das sieben jahre…

…bis ich vor einigen monaten über youtube auf zwei fotografen aufmerksam wurde. der schweizer thomas leuthard als streetfotograf, und der deutsche patrick ludolph. was ich von denen zum thema „street- und people-fotografie“ sah, beeindruckte mich tief. technisch grossartige, kreative und inhaltlich höchst ansprechende bilder, die auf mich eine magische faszination ausübten.

und jetzt kommt der hammer!!! die beiden fotografen hatten eben kein 1,5 kilo-nikon-D5-gerät in der hand sondern diese kleinen spiegellosen „rentnerknipsen“, smartes umhängetäschchen, und sonst nix!!! und sie gingen dabei locker und aufrecht. Ich konnte das nicht glauben!!! meine „ weiße-augen-welt“ geriet ins schwanken…ich war irritiert…sehr!!!

schliesslich hatte ich auch zu den spiegellosen kameras meinen glaubenssatz: „die kleinen fuzzeldinger sind was für alte leute, die nicht mehr so gut zu fuß sind und schlimmstenfalls auch noch so einen rentnertrolley hinter sich herziehen…klappdisplay…was für ein blösinn… (ein panzergrenadier schmeisst sich in den dreck, wenn er das tier in augenhöhe ablichten will)“

alledem zum trotz; meine glaubenssätze gerieten massiv ins schwanken und so fasste ich den entschluss: das probiere ich aus. was die können, kannst du auch! seit 4 wochen habe ich nun eine spiegellose nikon Z6 mit einer 35 mm linse. und ich bin wirklich zu tiefst beeindruckt.

die Z6 ist für mich eine unerwartete positiv-erfahrung…. neue welten, perspektiven, blickwinkel haben sich für mich aufgetan. Ich fange an, die „nicht-tierwelt“ mit „weitwinkel-augen“ zu sehen.

meine fotografischen möglichkeiten haben sich enorm erweitert. vor allem durch das geringe gewicht, lautloses auslösen sowie das klappdisplay (das möchte ich nicht mehr missen).

Ich bin begeistert: den „675-gramm-kleinkram“  mit den kurzen brennweiten spüre ich fast gar nicht und bin dadurch insgesamt viel beweglicher und unauffälliger (gehe so eher als tourist durch).

was lernen wir daraus?

alles braucht seine zeit. und es gibt ab jetzt für mich auch ein leben unter 300 mm mit „rentnerknipse“ (schließlich bin ich, „technisch gesehen“,  ja auch einer).

Den einsatz der „spiegellosen“ sehe ich zunächst trotzdem vorrangig auf der strasse und in der people-fotografie.

Meine geliebten „dicken jungs“ mit den langen brennweiten werden nach wie vor im busch und beim sport meine verlässlichen begleiter sein. Denn das, was die dort leisten, das können die „lütten“ (noch) nicht.

 

hier geht es zu den „neuen“ bildern: http://reinerleifried-photography.de/nggallery/galerieuebersicht/neue-bilder

 

 

 

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